Gläser mit Blaufilter werden von vielen Optikern empfohlen. Sie sollen die Blendempfindlichkeit bei nächtlichem Autofahren senken und die Bildschirmarbeit angenehmer machen, indem der Blaulichtanteil herausgefiltert wird. Manchmal wird der Effekt vom Optiker mittels blauem Laser an einem solchen Brillenglas sogar eindrücklich vorgeführt. Für viele ist die erwartete Reduzierung des negativen Einflusses bei der Bildschirmarbeit tatsächlich der Hauptgrund für den Kauf.
Während einer Praktikumseinheit der baubiologischen Ausbildung beim IBN haben wir an zwei verschiedenen Brillen mit Blaufiltern (von Teilnehmern gestellt) überprüft, ob die blauen Wellenlängen, die von Tablet und Laptop-Bildschirmen ausgehen, herausgefiltert werden. Bei beiden war dies nicht der Fall. Nun mag es verschiedene Hersteller und Varianten geben und diese beiden Beispiele sind sicherlich nicht hinreichend für eine Pauschalaussage. Es liegt jedoch der Verdacht nahe, dass die untersuchten Blaufilter in Brillengläsern nicht die komplette Bandbreite des Blaulichtanteils (420 - 490 nm, Quelle: Amt für Strahlenschutz), sondern nur bestimmte Wellenlängen filtern. Der Nutzen von Brillengläsern mit Blaufilter allein zum Zweck der Reduzierung des Blaulichtanteils bei der Bildschirmarbeit sollte also kritisch hinterfragt werden.
Augenmüdigkeit, Trockenheit und Kopfschmerzen
Typische Beschwerden bei der Bildschirmarbeit, wie Augenmüdigkeit, Trockenheit und Kopfschmerzen, entstehen i.d.R. durch digitale Augenbelastung (Computer Vision Syndrome) und resultieren aus:
Längeren Phasen mit ununterbrochenem Fokus auf den Bildschirm
Ungünstige Bildschirmhelligkeit oder Reflexionen
Verminderte Lidschlagfrequenz (führt zu trockenen Augen)
Das Blaulicht spielt bei den o.a. Beschwerden nur eine untergeordnete Rolle, da die Intensität des von Bildschirmen ausgestrahlten Blaulichts vergleichsweise gering ist.
Es gibt Hinweise darauf, dass übermäßige Blaulicht-Exposition am Abend den Schlaf-Wach-Rhythmus stört, da sie die Melatoninproduktion beeinflusst. Allerdings hat dies oft auch mit der Gesamtdauer der Bildschirmnutzung und der Helligkeit des Displays zu tun. Auch hier sind Blaulichtfilter-Brillen nicht der Weisheit letzter Schluss und ersetzen keine guten Schlafhygienepraktiken.
Alternative Maßnahmen sind effektiver
Anstatt sich auf Blaulichtfilter-Brillen zu verlassen, helfen folgende Maßnahmen besser bei der Bildschirmarbeit:
Regelmäßige Pausen (z. B. die 20-20-20-Regel: alle 20 Minuten 20 Sekunden auf etwas in 20 Fuß (6 m) Entfernung schauen).
Angepasste Bildschirmhelligkeit und gute Raumbeleuchtung (Reflexionen vermeiden).
Bildschirmpositionierung, um Nacken- und Augenbelastung zu minimieren.
Luftbefeuchter gegen trockene Augen, falls die Raumluftfeuchte unterhalb von 40% liegt.
Die Idee, dass Blaulichtfilter-Brillen die Belastung durch Bildschirmarbeit signifikant reduzieren, ist wissenschaftlich nicht ausreichend belegt. Viel effektiver sind ergonomische Anpassungen und gute Bildschirmgewohnheiten.

Sehr interessant und doch auch einigermaßen überraschend, dass vermutlich der Nutzen von Blaufiltergläsern in keinem Verhältnis zu dem dafür verlangten Preis steht.
Vielen Dank für diesen Beitrag.