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Was die Seele berührt...

Wir sind geprägt von einer Welt, in der lange Zeit das Mentale und Rationale als höchstes Gut galten. Und wir bemerken, dass uns das im Leben nicht immer erfüllt und begeben uns auf die Suche nach etwas, das die Seele berührt. Es ist etwas, wonach sie sich sehnt und was durch den Geist allein nicht befriedigt werden kann. Und da ist die vage Erkenntnis, es könnte damit zu tun haben, sich wieder angebunden und verbunden zu fühlen, anstatt mit seinen Sorgen allein gelassen.

Ein interessantes Konzept dazu, das mich hinsichtlich Stimmigkeit und Aktualität sehr beeindruckt, hat Jean Gebser bereits in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelt. Er unterscheidet verschiedene Bewusstseinsstrukturen, die sowohl in der menschlichen als auch geschichtlichen Entwicklung aufeinander folgen und sich wie geologische Schichten überlagern. Diese bezeichnet er als archaische, magische, mythische und mentale Bewusstseinselemente, die erst durch Einbezug aller Schichten zu einem integralen Verständnis führen.

Die archaische Stufe gleicht dem paradiesischen Zustand, der Mensch ist sich seiner selbst noch nicht bewusst und nimmt sich nicht getrennt von seiner Umwelt wahr (Embryo). Das Handeln und Machen bekommt dann zunehmend Bedeutung, das magische Bewusstsein entwickelt sich. Noch ist der Mensch angebunden, eins mit der Umgebung, nimmt seine Umwelt als beseelt war und versucht durch eigene Handlungen/Beschwörungen Einfluss auf den Lauf des Schicksals zu nehmen (Kleinkind). Von der Außenschau zur Innenschau kommt es dann mit dem mythischen Bewusstsein. Die Welt wird als sinnliche (äußere) Erfahrung und bildhafte (innere) Anschauung (Imagination) wahrgenommen. Polaritäten werden erkannt, Tag und Nacht, weiblich und männlich, die Zeit als zyklische Wiederkehr erlebt. Märchen werden von Kindern in der mythischen Phase geliebt, die Bilderseele im Inneren erwacht, kreative Gestaltungsfähigkeit entwickelt. In der mentalen Stufe (Pubertät) zeigt sich ausgeprägt das Wesen der Dualität, entweder wird die Wahrheit erfasst oder man unterliegt dem Irrtum. Durch Distanzierung und Betrachtung von "außen" wird die Umwelt nach Möglichkeit "objektiv" betrachtet und logisch untersucht. Der Mensch versucht, kontrollierend einzugreifen in eine Welt, die er als gegenständlich auffasst.

Nun (reifer Mensch) geht es jedoch darum zu erkennen, dass es sich nicht nur um eine beobachtbare, analysierbare Objektwelt um uns herum handelt, sondern der Mensch in seinem Denken, Fühlen, Handeln unmittelbar einwirkt (nicht nur bei Versuchen in der Quantenphysik) und sein Bewusstsein auch dahingehend erweitert. Aus der Tiefe heraus wirken ebenfalls archaische, magische und mythische Bewusstseinselemente, auch wenn sie uns nicht objektiv scheinen und in die lineare, rationale Struktur passen. Die jetzige Phase sieht Gebser als eine, in der sich eine integrale Bewusstseinsstruktur entwickelt, einhergehend mit einer Intensivierung des Bewusstseins im Sinne einer geistigen Wachheit und Klarheit, die das Ganze erkennen lässt.


Foto: Simon Berger/unsplash



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